Stellungnahme / Pressemitteilung Long-COVID Ärzte- und Ärztinnenverband zur 9. Stellungnahme des Expert:innenrates

Der Corona-Expert:innenrat der Bundesregierung hat am 15.05.2022 seine 9. Stellungnahme zu Long-COVID veröffentlicht (1). Insgesamt wurden acht dringend notwendige Maßnahmen für die Erforschung des Krankheitsbildes Long-/ Post-COVID sowie die Versorgung von Betroffenen formuliert, denen das Präsidium und der Vorstand des Ärzte- und Ärztinnenverband Long COVID uneingeschränkt und nachdrücklich zustimmen. 

Adressiert wurden sowohl die Förderung der klinischen, translationalen, Grundlagen- und Versorgungsforschung sowie deren Vernetzung, als auch die Etablierung von flächendeckenden intersektoralen, interdisziplinären Versorgungsstrukturen, die Etablierung von Zentren für klinische Studien, die Einbindung von Patient:innen-Organisationen und Maßnahmen der Information und Aufklärung für alle beteiligten Akteur:innen inklusive der Bevölkerung. Auch die WHO stellte kürzlich in einem im Lancet veröffentlichten Kommentar fest, dass langjährig etablierte Versorgungskonzepte einzelner Subspezialisierungen für die suffiziente Betreuung von Patienten mit Post-Covid-19 Syndrom nicht geeignet sind, und die Patientensicherheit gefährdet ist, wenn bei der Behandlung nicht die ausgesprochene Komplexität dieser multisystemischen Erkrankung beachtet wird (2). Auch stellt insbesondere die Abgrenzung bzw. Integration von körperlichen und psychischen Dimensionen der Erkrankung besondere Herausforderungen an die interdisziplinäre Zusammenarbeit.  Der Ärzte- und Ärztinnenverband Long COVID unterstützt sowohl die Feststellung des Expertengremiums sowie vorgenannte weitergehende Betrachtungen nachdrücklich und stellt klar, dass in den zu schaffenden Versorgungsstrukturen dringend interprofessionelle Ansätze zu berücksichtigen sind, da beispielsweise Ergo-, Physio- und Psychotherapeut:innen einen entscheidenden Beitrag in der Versorgung von Long-/ Post-COVID-Betroffenen leisten.

Zudem ist es für die maximal synergistische Verknüpfung der adressierten Maßnahmen notwendig, dass die zu etablierenden Versorgungsstrukturen dringend mit wissenschaftlichen und gesundheitspolitischen Ansätzen verzahnt werden. Durch wissenschaftliche Begleitung der Versorgungsforschung in interdisziplinären und intersektoralen Teams kann die Entwicklung und Implementierung von evidenzbasierten Empfehlungen und Versorgungsmodellen und -strukturen analysiert und entwickelt werden (z.B. Auswirkungen auf den Zugang zur Versorgung, deren Qualität und Kosten sowie auf die Gesundheit und das Wohlbefinden).

Der Ärzte- und Ärztinnenverband Long-COVID sieht seine Aufgabe unter anderem in einem Beitrag an ebendieser Schnittstelle zwischen Versorgung und Forschung. Konkret wird angeregt, die Versorgungsforschung und Implementierungswissenschaften an den Schnittstellen des Bundesgesundheitsministeriums und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, insbesondere auch im Netzwerk Universitätsmedizin zu stärken und entsprechende Projekte zu fördern, um eine zeitnahe, flächendeckende bestmögliche Versorgung bereitstellen zu können. Dies erscheint aktuell insbesondere vor dem Hintergrund der zu erwartenden dynamischen Erkenntnisse zu therapeutischen Interventionen noch dringlicher als zuvor. Die Pandemie erfolgreich zu bekämpfen heißt nicht nur Todesfälle zu verhindern, sondern auch Langzeitfolgen zu bekämpfen und Lebensqualität wieder her zu stellen.

sig frommhold - Ärzte- und Ärztinnenverband Long Covid

Dr. Jördis Frommhold
Präsidentin

sig vilser - Ärzte- und Ärztinnenverband Long Covid

Dr. Daniel Vilser
Vizepräsident

sig mehl - Ärzte- und Ärztinnenverband Long Covid

Eberhard Mehl
Hauptgeschäftsführer

  1. https://www.bundesregierung.de/breg-de/bundesregierung/bundeskanzleramt/corona-expertinnenrat-der-bundesregierung (Abruf am 19.06.2022)
  2. Kluge HHP, Muscat NA, Mishra S, et al. Call for action: Health services in the European region must adopt integrated care models to manage Post-Covid-19 Condition. The Lancet Regional Health – Europe. 2022.